Mittwoch, 14. April 2010

Kinderverrat

Ein schmaler Flur,
spärlich das Tageslicht,
ein kaputtes, gelbes Kinderfahrrad am Boden hütet sein Geheimnis alter Tage.
Plastiktüten, Staub, Berge Müll und Unrat,
Plastikflaschen, eineinhalb Liter Fantaersatz.
Drei Zimmer
Ein Kleiderschrank
Berge dreckiger Wäsche überall,
Photos in der Küche.
Ein Hochbett,
noch ein Hochbett.
Im Kühlschrank ein Apfel,
vergessene, ausgefranste Pizza im Pappkarton,
Glühbirne im Bad kaputt,
vier Zahnbürsten,
Handtücher am Boden,
im Flur ein Schulranzen.
Vier Bücher.
Stille.
Schweigen.

( Blende )

Der Flur noch schmutziger.
In der Küche drei Kinder am Tisch.
Ein Junge mit ernstem Gesicht verteilt Essen aus der Dose.
Stille.
Gefrorenes Schweigen.
Später spült der kleine Mann das Geschirr, in einer Reihe der Größe nach trocknen die anderen drei ab.
Die Handtücher miefen. Verhaltenes, zaghaftes Gekicher.

( Blende )

Das Jugendamt hat oft angerufen.
Die Mutter ist nie zu Gesprächen erschienen.
Nein, wir haben nichts bemerkt.
Aber gemuffelt haben die schon.
Hatten immer dieselben Sachen an.
Beim Sport nichts zum Wechseln.
Aber doch immer Einser geschrieben.
Die Mutter ist doch Kinderpädagogin.
2008

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